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Wahnsinn vor Vernunft

Fotos & Copyright: Christian Schnebel Sicher ist, das nichts bleibt wie es war Keine Frage, wir leben in politisch aufregenden Zeiten. Wer wie ich, den kalten Krieg, die Maueröffnung und nun die zunehmend asymethrische Weltordnung mit dem Wiedererstarken des Islam(ismus) als globaler Machtordnung und dem damit einhergehenden Isolationismus der Weltmächte erlebt hat und nach wie vor beobachtet kann nur konstatieren: Sicher ist nur, das nichts sicher ist.

Beginnen wir weit vorne: mit der schier grenzenlosen Euphorie, die den Westen erfasste als das kommunistische (Unrechts)system des Warschauer Pakts sein wohlverdientes Ende genommen hat. Die Hoffnung auf eine neue, gerechtere Weltordnung war nur von kurzer Dauer, denn wo Systeme zusammenbrachen sicherten sich oftmals Oligarchen und Großkonzerne die freiwerdenden Pfründe. Auf der Strecke bleiben vielfach die Länder der dritten Welt. Dann kam Bush`s völlig sinnbefreiter und wahnwitziger Irakkrieg, dann kam Guantanamo und die Welt begann zu begreifen: Hier regiert nicht mehr die politische Ratio sondern der Wahnsinn. Zu dem Punkt konnte noch keiner ahnen dass einer seiner Nachfolger ihn darin noch übertreffen würde. Fahren wir mit dem Islamismus fort, der als Bewegung nicht zuletzt auch aus den benachteiligten Massen eben jener Ländern speiste, die vom großen Kuchen nichts oder nur vergleichsweise wenig abbekamen und für den der Irakkrieg als das beste aller denkbaren Rekrutierungskonzepte perfekt funktionierte. Vor allem Länder wie Saudi Arabien nutzten das ideologische Vakuum dass der Zusammenbruch des Ostblocks mit sich brachte aus um mit dem Wahabismus eine noch viel menschenfeindlichere Ideologie in der Welt zu verbreiten als es der Kommunismus war und ist.

Alternative Fakten vs. Wahrheit contra Lüge

Die neueste Entwicklung sieht so aus: Ganz offen werden von einem mehrfach der Lüge überführten US Präsidenten Journalisten ihrerseits der Lüge bezichtigt, obgleich sie nachweislich nur Fakten berichten. Von offizieller Seite werden sogenannte "alternative Fakten" ins land getwittert die so offensichtlich falsch sind dass dafür jedes Schulkind kommentarlos eine 5 minus verpasst bekäme. Wenn ein amtierender Präsident „die Medien“ pauschal diskreditiert, viral zur Gewalt gegen sie aufstachelt, Journalisten offen beschimpft erntet er nun dafür sogar von jenen Menschen Applaus, denen Moral, Wahrheit und Anstand bisher stets hoch und heilig war. Wichtiger als die Wahrheit wird zunehmend, politisch auf der "richtigen" Seite zu stehen. All das reiht sich in vergleichbar skurrile Vorgänge in anderen Staaten ein und dürfte durch die prominente Rolle der USA sogar Signalwirkung bekommen. Die Pressefreiheit weltweit gerät durch das fragwürdige Vorbild des Anführers jenes Landes unter Druck, das der Presse- und Meinungsfreiheit mit dem ersten Verfassungszusatz vor über 200 Jahren eigentlich höchste Priorität einräumte. Das absurde daran: Ein Großteil der Bevölkerung scheint an differenzierter Berichterstattung überhaupt kein Interesse zu haben und zieht einfache plakative Stereotypen - je martialischer desto besser - der oftmals vielschichtigen Realität vor. AfD, Pegida, Orban, Erdogan und Trump lassen grüßen.

Wir zuerst! Als wäre das nicht bedenklich genug erfolgt - konsequenterweise - der schleichende nationalistische Rückzug vieler zunehmend autoritär regierter Staaten auf sich selbst. Manche dieser Staaten leisten sich Führer die sich auf der politischen Bühne derzeit im übertragenen Sinne ebenso enthemmt aufführen wie die marodierenden Warlords des „Schwarzen Blocks“ die Hamburgs Innenstadt inklusive einiger Vororte demolierten und Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung verbreiteten. Für mich ist das was sich in Hamburg abspielte eine der fatalen Auswirkungen einer global vorgelebten Verleugnung jeglicher moralischer und ethischer Normen auf der politischen Ebene unter gleichzeitiger Stärkung eines nationalistischen "We First" Denken. Man scheint vergessen zu haben: Negative Rollenbilder sind meist wirkmächtiger als positive! Es ist fatal: Jeder der Grenzen überschreitet, begründet dies mit den (echten oder vermeintlichen) Grenzüberschreitungen der jeweils anderen Seite. Das gilt für islamistische Terroristen, für prügelnde Schulkinder („Der hat das auch gemacht!“), für autokratische Präsidenten und Anführer, wie für die Initiatoren und Apologeten der G20 Krawalle und Plünderungen. Die Struktur der Argumentation ist meist dieselbe. Beschämend daher auch wie von Seiten der Linken aber auch der autonomen Szene z.T. mit Beschwichtigungen und Relativierungen auf den Vandalismus reagiert wurde. Es steht wohl nicht zu erwarten dass in der Szene eine kritische Auseinandersetzung mit den Geistern die man rief einsetzen würde.

Das Vorgehen der Polizei Dass die Polizei bereits am Donnerstag abend gleich von Anfang an Konsequenz zeigte findet bei einigen Applaus (Tenor: Die haben es nicht anders gewollt“) und wird von anderen als unnötig eskalierend kritisiert. Auch ich hatte und habe meine Anfragen, ob die vorgegebene Linie von Herrn Dudde die einzig denkbare Option war. Nach und nach tauchen nun aber Zeugenberichte auf, die ein etwas differenzierteres Bild der Lage schildern, die Attacken auf den Verhandlungsführer der Polizei sowie dessen Pressesprecher beschreiben - wohlgemerkt vor dem Zugriff der Polizei. Hingegen muss man die Räumung des Protestcamps in Entenwerder trotz anderslautenden Gerichtsbeschlusses als fragwürdig einstufen, trug sie nicht dazu bei mäßigenden Einfluss auszuüben. Man kann einen Gerichtsbeschluss kritisieren und anders interpretieren - dennoch muss man sich in einem Rechtsstaat daran halten. Tut man es nicht, setzt man damit ein Signal dass von einigen Beamten entgegen der Einsatzvorschriften als Freibrief interpretiert werden kann und in Einzelfällen auch wurde (wie Christian Stöckert vom Spiegel richtig anmerkt).

Ich selber wurde - und das muss gesagt werden - stets korrekt von den Beamten behandelt. Irgendwie kann meine Devise, dass ein freundliches Auftreten beim passieren von Kontrollpunkten und ein wohlmeinender Gruß zur Entspannung beitragen kann so falsch nicht sein. In einer konkreten Einsatzsituation hingegen ist dafür allerdings zumeist nicht viel Raum und Möglichkeit. Hier muss professionelles Handeln beider Seiten dominieren. Das hat - wie von manchen Journalisten berichtet - nicht immer funktioniert. Ebenso unangenehm sind die Einschüchterungen und Attacken mancher Autonomen auf Journalisten.

Angela Merkel erreichte den erwarteten Minimalkonferenz und verhinderte das Scheitern des G20

Maues Resümee Was bleibt von diesen Tagen? Eine G20 - Presseerklärung ohne viel Substanz, eine Kanzlerin die immerhin einen Minimalkonsenz durchsetzen konnte, eine traumatisierte Stadt, endlose Überstunden bei den Beamten und die maue Erkenntnis dass mit Trump, Erdogan und Putin sinnbildlich mindestens ebensoviel politische Ignoranz unter den G20 Staatschefs vertreten war wie bei den Brandstiftern in den Strassen des Schanzenviertels.

Erdogan distanziert sich - wie Trump - nach den Beratungen vom Pariser Klimaabkommen.

Für den G20 war ich für die Londoner Medienagentur SilverHubMedia offiziell beim Bundespresseamt als Journalist akkreditiert. Alle Bilder unterliegen dem Copyright.


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